Harald Schmidt bricht das Schweigen: Die fünf TV-Stars, die er am meisten verachtet – Ein gnadenloses Urteil über Deutschlands Medienszene
Seit Jahrzehnten galt Harald Schmidt als der unantastbare „Late-Night-Papst“ Deutschlands, ein Chirurg der Ironie, dessen Monologe gleichermaßen scharf wie literarisch waren. Er beherrschte die Kunst des Seitenhiebs wie kein Zweiter, doch er schwieg stets über die wahren Tiefen seines Grolls. Während er scheinbar mühelos über die deutsche Prominenz hinwegflog, bewahrte er ein streng gehütetes Geheimnis: Wer ging ihm wirklich unter die Haut? Wer provozierte nicht nur Spott, sondern tief sitzende Verachtung?
Nun, im Alter von 68 Jahren, hat Schmidt das Schweigen gebrochen und eine Liste von fünf öffentlichen Figuren enthüllt, die er zutiefst verachtet. Dieses „Manifest des Ekels“ ist weit mehr als eine späte Abrechnung. Es ist ein philosophisches Urteil über den Zustand des modernen Fernsehens, eine Verteidigung von Haltung und Integrität gegen das, was er als Lärm, Leere und opportunistische Performance betrachtet. Jeder Name auf dieser Liste hat eine eigene Geschichte, einen eigenen Verrat an jenen Werten begangen, die Schmidt in seiner Karriere hochhielt. Es ist das persönliche und gnadenlose Vermächtnis des Mannes, der einst sagte: „Manche von uns moderieren Sendungen, manche moderieren Kultur.“

1. Der Existenzielle Konflikt: Stefan Raab – Der lärmende Opportunist
Für Millionen Zuschauer der frühen 2000er Jahre war Stefan Raab eine popkulturelle „Naturgewalt“. Er verwandelte Trash in Quotengold, baute ein Imperium auf Schulhof-Humor und absurdem Spektakel. Doch für Harald Schmidt war Raab kein Genie, sondern ein unlustiger Parasit, ein Symptom für alles, was im neuen Fernsehzeitalter falsch lief. Die Rivalität zwischen den beiden war nicht nur ein stilistischer Wettstreit; sie war ein existenzialistisches Derby zwischen zwei unvereinbaren TV-Philosophien.
Auf der einen Seite stand Schmidt, der ausgebildete Bühnenkünstler, dessen Late-Night-Reich auf scharfen Monologen, literarischen Anspielungen und dem „feinen Tanz aus Satire und Stille“ beruhte. Auf der anderen Seite Raab, der vom Spektakel lebte. Sein „TV Total“ war ein Lärmteppich aus Pannen, Nonsenswörtern und derben Witzen, oft auch auf Schmidts Kosten. Raab ahmte Schmidts langen, dramatischen Pausen und seine übertriebenen Augenbrauenbewegungen nach. Schmidt konterte trocken: „Er ist Luther, ich bin der Papst und ich habe trotzdem bessere Quoten“.
Der Höhepunkt dieser Feindschaft fand 2001 bei einer inzwischen legendären Gala statt. Schmidt war beauftragt, Raab einen Preis für sein Lebenswerk zu überreichen. Was als charmante Versöhnung gedacht war, wurde zu einem Akt reiner Verachtung. Schmidt betrat die Bühne, hielt die Trophäe und sagte mit dünnem Lächeln: „Manche Preise werden nicht verdient, sie passieren einfach“. Dann ließ er die Trophäe und kurz darauf das Mikrofon fallen – ein dumpfer Knall, der den Saal erstarren ließ. Die Live-Übertragung ging sofort in die Werbung. Backstage soll Raab außer sich gewesen sein. Schmidt, der gelassen vorbeiging, murmelte: „Hat es endlich jemand gemerkt?“
Schmidts chirurgische Präzision in der Kritik blieb unerreicht: „Rabs Humor ist wie Dosensuppe, heiß, schnell, aber leer. Er schreibt keine Witze, er schreit Clips an“. Was Schmidt am meisten störte, war Raabs „schamlose Wiederverwertung“ von Internetvideos und Boulevardmaterial. Er sah in Raab einen Kurator von Lärm, der nichts erschuf, sondern nur existierendes Material lautstark verwaltete. „Stefan erschafft nichts. Er kuratiert Lärm“, sagte Schmidt einmal gegenüber der Zeit und fügte hinzu, dass Raab es „Fernsehen“ nenne.
Die Rivalität war zu einem Symbol für die deutsche TV-Geschichte geworden: Raab, die populistische Welle, laut, schnell, lukrativ. Schmidt, die alte Garde, introvertiert, präzise, kompromisslos. Der vielleicht vernichtendste Satz fiel jedoch bei einer Lesung in Köln, als Schmidt nach Raabs Bedeutung für die Satire gefragt wurde. Er sagte schlicht: „Wir sind keine Rivalen. Ich spreche nur in vollständigen Sätzen“. Schmidt hatte den Quotenkampf verloren, aber in seinen Augen den Kampf um das kulturelle Erbe gewonnen.
2. Die Illusion der Tiefe: Markus Lanz – Der Mann, der Schweigen für Tiefe hielt
Markus Lanz verkörperte für Schmidt alles, was er am modernen, öffentlich-rechtlichen Fernsehen verabscheute: Show statt Substanz, polierte Moderation statt kritischem Denken und emotionale Manipulation statt geistiger Auseinandersetzung.
Ihre Begegnungen in Lanz’ Talkshow wirkten nach außen höflich, doch unter der Oberfläche knisterte es. Lanz, bekannt für seinen glatten, beinahe sterilen Fragestil, kam mit einem Stapel vorab genehmigter Moderationskarten. Schmidt hingegen kam mit nichts als einer Tasse Kaffee und einem spöttischen Lächeln. Das Gespräch war von Anfang an hölzern, bis Schmidt die Fassade durchbrach: „Tun wir nicht so, als wäre das hier ein Gespräch. Es ist eine Performance“.
Es wurde schlimmer, als Schmidt eine harmlose Frage zur Satire in einen scharfen Kommentar über Lanz’ Karriere verwandelte: „Du bist kein Journalist, Markus. Du bist ein Moderator mit guter Beleuchtung“. Als Lanz ihn ein Jahr später erneut einlud, fand das Interview statt – und zerfiel vollständig. Schmidt übernahm die Kontrolle, fiel Lanz ins Wort und zückte schließlich eine Stoppuhr: „Entschuldigung, ich habe gemessen, wie lange du gebraucht hast, um absolut nichts zu sagen“.
Lanz soll danach „außer sich“ gewesen sein, wobei ein Teammitglied dem Stern berichtete, es habe sich angefühlt, „als stünde er mit einem Löwen auf der Bühne, dessen Käfig gerade geöffnet wurde“. Schmidt hingegen schwieg keineswegs in der Öffentlichkeit. Seine zitierten Urteile sind zu Klassikern geworden: „Er hat die Präsenz eines Bildschirmschoners und die Tiefe einer Pfütze“. Und am bekanntesten: „Lanz ist der Mann, der stilles Wasser für tiefes Wasser hält“.
Für Schmidt war die Verachtung für Lanz nicht nur eine berufliche, sondern eine intellektuelle Ablehnung. Lanz stand für die Bevorzugung von glatten Oberflächen und vorgetäuschter Empathie, für eine Moderationskultur, die den Zuschauer absichtlich im Unklaren lässt, um eine vermeintliche Tiefe vorzutäuschen. Schmidts Kampf gegen Lanz war ein Meisterstück in passiv-aggressiver Medienkriegsführung, in der er seine Waffen der Präzision und des Witzes jeden Abend neu schärfte.

3. Der Verrat des Humors: Oliver Pocher – Das „Extalent“ und der Tabubruch
Die Zusammenarbeit von Harald Schmidt und Oliver Pocher im Oktober 2007 wirkte wie ein PR-Stunt. Der intellektuelle Meister der Ironie gepaart mit einem 21 Jahre jüngeren Popkomiker, der vor allem durch Lautstärke und Dreistigkeit auffiel. Schmidt, der nach Experimenten suchte, war offen, doch der Reiz verpuffte schnell. Pochers Humor lebte von Provokation und pubertären Einfällen, während Schmidt Schärfe, Timing und Subtext schätzte. Ein ARD-Insider fasste es treffend zusammen: „Es war wie ein Klavierkonzert, bei dem zwischendurch jemand ein Becken zertrümmert“.
Der unüberwindbare Wendepunkt kam in der berüchtigten Folge von 2008, in der die Skandalrapperin Lady Bitch Ray auftrat. In einem grotesken Versuch, Aufmerksamkeit zu erregen, überreichte sie Pocher ein kleines Glas, das angeblich ihre vaginalen Sekrete enthielt. Pocher, der nie vor einem Schockmoment zurückschreckte, versuchte später, das Glas der ahnungslosen norwegischen Sängerin Maria Mena anzudrehen, die sichtlich verwirrt und unwohl war.
Für Schmidt war in diesem Moment eine unsichtbare, aber heilige Grenze überschritten worden. Sichtbar genervt griff er ein und fällte sein vernichtendes Urteil: „Das ist unscharmantes Verhalten eines kleinen, gemeinen, unbedeutenden Mannes, besonders eines Mannes, der schrumpft, wenn man ihm Körperflüssigkeiten im Glas reicht und sie dann einem Gast aufdrängt, der nicht einmal die Sprache spricht“. Pocher verstummte live im Fernsehen, und die Beziehung erholte sich nie wieder.
Schmidt verpackte Pochers späteren Abschied im Jahr 2009 nicht höflich, sondern als „einen kreativen Aussetzer oder wie ich es nenne, meine Phase intellektueller Dunkelheit“. Später bezeichnete er ihn als das „adipöse Extalent“, ein Seitenhieb sowohl auf die Gewichtszunahme als auch auf die aus seiner Sicht fehlende Reife. Für Schmidt hatte Pocher den unausgesprochenen Ehrenkodex der Satire verletzt. Es ging nicht darum, clever zu sein, sondern nur darum, zu schockieren. Pocher war Lärm. „Satire ohne Intelligenz ist nur Vandalismus“, lautete Schmidts Schlusswort.
4. Die moralische Grenze: Johannes B. Kerner – Der selbstgefällige Moderator
Unter allen Figuren löste niemand eine kältere, präziser kalkulierte Verachtung in Harald Schmidt aus als Johannes B. Kerner. Schmidts Abneigung war moralisch, nicht theatralisch, tief verwurzelt in einem Vorfall, der die deutsche Medienlandschaft spaltete.
Der Bruch wurde 2002 im düsteren Nachhall des Massakers von Erfurt unüberwindbar. Kerner moderierte noch am selben Abend im ZDF eine Sondersendung, in der er in einem bis heute umstrittenen Segment einen elfjährigen Überlebenden interviewte, der sichtlich traumatisiert war. Die Bilder von Tränen, Nahaufnahmen und behutsam verpackten, aber eindringlichen Fragen lösten eine landesweite Debatte aus: War dies Information oder Ausbeutung?
Für Schmidt war die Sache klar. Er war entsetzt und sagte seine Teilnahme an der renommierten Goldenen Feder ab, wo er einen Preis erhalten sollte. Gastgeber: Johannes B. Kerner. Schmidts öffentliche Erklärung war unmissverständlich: „Angesichts des jüngsten medialen Verhaltens von Herrn Kerner können wir an einer von ihm moderierten Veranstaltung nicht guten Gewissens teilnehmen“. Für Schmidt war das Instrumentalisieren menschlichen Leids für Einschaltquoten unverzeihlich.
Schmidt stichelte in den folgenden Jahren immer wieder gegen Kerner, der für ihn das gesamte Vakuum der modernen TV-Kultur verkörperte – ein Moderator, der die Grenze zwischen Mitgefühl und Verwertung verwischte. „Kerner lächelt am stärksten, wenn die Kamera läuft. Und genau das irritiert mich. Es wirkt wie ein Reflex. Emotion als Theater“.
Sein wohl schärfster Satz fasste Kerners Karriere in einem einzigen, vernichtenden Bild zusammen. Er sei „der Typ Mensch, der eine Kerze am Mahnmal anzündet und sie dann zum Kameraobjektiv hindreht“. Es war nie nur berufliche Konkurrenz. Es war ein stiller Krieg darüber, wo die menschliche Seele im Sendeschema ihren Platz findet.

5. Der Verrat des Sohnes: Jan Böhmermann – Der Chaosclown in geliehener Gravitas
Von allen Figuren traf keine Schmidt persönlicher oder verletzte ihn tiefer als Jan Böhmermann. Böhmermann, einst als Schmidts geistiger Erbe gefeiert, entwickelte sich zum „Stachel in der Seite des Meisters“, einem abtrünnigen Imitator und, wie Schmidt es formulierte, einem „Chaosclown in geliehener Gravitas“.
Ihre gemeinsame Geschichte begann Ende der 2000er Jahre. Schmidt erkannte das Potenzial des scharfzüngigen Talents und bot ihm Bühne und Schreibplätze. Doch je größer Böhmermanns Ambitionen wurden, desto größer wurde die Distanz. Schmidts Satire lebte von Ambivalenz, feiner Ironie und chirurgischer Präzision. Böhmermann ging auf Spektakel; seine Provokationen wurden lauter, politischer, anarchischer. Aus Hommage wurde Parodie und schließlich offene Opposition. Schmidt brachte die Entwicklung später mit klinischer Nüchternheit auf den Punkt: „Er hält Chaos für Satire. Ich halte Klarheit für Satire“.
Der öffentliche Bruch eskalierte 2016 nach Böhmermanns berüchtigtem „Schmähgedicht“ über den türkischen Präsidenten Erdogan. Viele stellten sich hinter Böhmermann; Schmidt nicht. Für ihn war das Gedicht nicht mutig, sondern kalkuliert. „Es ist keine Satire, wenn das Hauptziel ist, auf Twitter zu trenden“. Böhmermann stichelte offen gegen seinen einstigen Mentor, sprach von ihm als „gestern noch geistreich“ und einem „ironischen Fossil“. Schmidt konterte in einer Kolumne: „Er verwechselt Lautstärke mit Witz und Hashtags mit Erkenntnis. Lärm ist kein Mut. Es ist nur Lärm“.
Der tiefere Groll entstammte der Erkenntnis, dass Böhmermann eine neue Welt der Satire verkörperte, in der Viralität Intellekt ersetzte, Moralinszenierung den Subtext verdrängte und Skandale das neue Maß für Relevanz wurden. Schmidt sah in ihm den Sieg des Spektakels über die Satire. In einem bitteren Interview formulierte er es so: „Mir war früh klar, dass er nie ein Gastgeber wird, aber als Chaosclown, das ist seine Spur“. Er spekulierte gar, Böhmermanns Präsenz beim ZDF sei weniger Talent als erzwungene Imagearbeit: „Das ZDF wäre ihn gern los. Aber irgendein PR-Mensch hat Ihnen gesagt, er mache sie jung, also ertragen sie die Tobsuchtsanfälle“.
Ihre Rivalität ist mehr als persönlich; sie ist symbolisch: Schmidt steht für gedankliche Präzision und Struktur, Böhmermann für Provokation und Beschleunigung. „Er will nicht Macht kritisieren, er will sie ersetzen durch sich selbst“, lautete Schmidts endgültiges Urteil. Es war der Fackelstab, den niemand übergeben wollte, ein Sohn, der nie um Erlaubnis bat aufzubegehren, und eine Vaterfigur, die aus der Ferne zusieht, gleichermaßen entsetzt wie unimponiert.
Das Manifest des Intellektuellen im Smoking
Harald Schmidts späte Enthüllung ist ein Vermächtnis. Es ist die klare, kompromisslose Aussage eines Mannes, der jahrzehntelang die leisen Töne beherrschte und nun mit 68 Jahren schärfer ist denn je. Diese Abneigungen waren keine Launen. Jeder Name auf seiner Liste stand für etwas, das er nicht ertragen konnte: das Laute, das Leere, das Inszenierte, das Opportunistische.
Es geht in dieser Liste nicht um Eifersucht oder Neid auf Quoten. Es geht um eine intellektuelle und moralische Verteidigungslinie. Schmidt verteidigt die Satire, die Struktur und die Ethik der Distanz. Er kämpft gegen jene, die seiner Meinung nach die Grenzen des guten Geschmacks und der intellektuellen Redlichkeit zugunsten des schnellen, schockierenden Ruhms überschritten haben.
Mit seinem Schweigen hatte Schmidt die Relevanz dieser Figuren lange Zeit bewusst entzogen. Indem er nun spricht, stellt er sie erneut in den Fokus, aber nur, um sie mit seinem endgültigen Urteil zu kennzeichnen. „Verachtet zu werden“, sagte Schmidt einmal, „ist auch eine Form von Relevanz“. Seine Urteile sind so präzise, weil sie Jahrzehnte gereift sind. Dieses Manifest ist ein wichtiges Dokument der deutschen Mediengeschichte – eine Einladung, darüber nachzudenken, was Fernsehen sein sollte und welche Werte am Ende des Tages wichtiger sind als der Applaus. Es ist die Abrechnung eines Mannes, dessen intellektuelle Messlatte so hoch lag, dass er am Ende fast allein dastand. Und genau das war seine größte Stärke.
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