Die Liebe, die niemals geht: Mit 82 bricht Lena Valaitis ihr Schweigen über den Schmerz und das Vermächtnis von Horst Jüssens
Lena Valaitis. Allein die Nennung dieses Namens lässt in Millionen deutschen Herzen Melodien aus den Siebzigern und Achtzigern anklingen: „Johnny Blue“, „Ob es so oder so oder anders kommt“, oder „Da kommt Jose der Straßenmusikant“. Ihre Stimme – klar, warm und voll von einer tiefen, fast schmerzhaften Sehnsucht – begleitete Generationen, füllte Hallen und sorgte für den wohl unvergesslichsten zweiten Platz in der Geschichte des Eurovision Song Contest 1981. Sie schien die Verkörperung des Erfolgs, der Eleganz und einer unerschütterlichen emotionalen Stärke zu sein. Doch hinter dem strahlenden Lächeln auf der Bühne verbarg sich eine Frau, deren Leben von Schicksalsschlägen, tiefen Verlusten und einem großen, lange gehüteten Geheimnis geprägt war. Nun, im hohen Alter von 82 Jahren, hat die Schlager-Ikone ihr Schweigen gebrochen und enthüllt eine Geschichte von Liebe, Verlust und einem Vermächtnis, das weit über die Musik hinausgeht. Es ist die ergreifende Beichte einer Künstlerin, die gelernt hat, dass wahre Stärke nicht im Verbergen von Schwäche liegt, sondern im Weitergehen trotz zerbrochenen Herzens.

Der Glanz und die Zerbrechlichkeit der „Johnny Blue“-Sängerin
Geboren 1943 im litauischen Klaipėda, fand Lena Valaitis in Deutschland ihre Heimat und ihre Bestimmung. Ihr Aufstieg war märchenhaft, ihre Präsenz auf der Bühne fesselnd. Doch während sie mit ihren Liedern von Schmerz und Hoffnung unzählige Herzen berührte, kämpfte sie privat einen stillen Kampf. „Ich habe lange so getan, als wäre ich stark, aber in Wahrheit war ich oft zerbrochen“, gesteht sie in bewegenden späten Interviews. Diese Offenbarung ist nicht nur ein privates Geständnis, sondern ein Spiegelbild des Drucks, der auf Stars in der Unterhaltungsindustrie lastet. Die Erwartung, immer makellos, immer glücklich zu sein, zwang sie in eine Rolle, die ihr emotionales Ich fast zerriss. Sie wollte nicht, dass jemand sah, wie sehr es sie traf, wenn sie verlor – ein Verlust, der in ihrem Leben oft und unerbittlich eintrat.
Die Bühne wurde für Lena Valaitis zu einem paradoxen Ort: ein Zufluchtsort, an dem sie ihre Ängste vergessen konnte, aber auch ein Ort, von dem aus sie ihrem größten Schicksalsschlag nicht entkommen konnte. Ihre Lieder wurden zu Vehikeln für das, was sie im Alltag nicht aussprechen konnte. Jede melancholische Note, jede Zeile über Sehnsucht, war ein stiller Ausdruck ihres inneren Zustands. Sie lebte ein Leben im Spagat zwischen dem Rampenlicht, das alles verdeckte, und der Einsamkeit hinter verschlossenen Türen. Und in diesem Sturm brauchte sie einen Anker, einen Ruhepol, der ihr inmitten des Ruhms Halt gab. Diesen fand sie in Horst Jüssens, dem Mann, der ihre Welt definierte und ihr größtes Glück war, bevor er zu ihrem größten Schmerz wurde.
Horst Jüssens: Der ruhige Pol im Leben der temperamentvollen Diva
Die Liebe zu Horst Jüssens, dem Schauspieler und Synchronsprecher, war die Lebensader von Lena Valaitis. Sie trafen sich in den frühen 70er-Jahren, als Lena bereits auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs stand. Es war, so beschrieb sie es, Liebe auf den ersten Blick, eine Verbindung, die auf tiefstem Respekt und einem perfekten Ausgleich der Gegensätze beruhte. Sie war leidenschaftlich, extrovertiert, getrieben vom Applaus. Er war zurückhaltend, besonnen und bodenständig. „Horst war der ruhige Pol in meinem Leben“, erinnerte sich Lena. Er brauchte den Glamour nicht; ihr genügte er.
Doch die Realität des Erfolgs forderte ihren Tribut. Lenas ständige Präsenz bei Konzerten und TV-Shows bedeutete lange Phasen der Trennung. Während sie durch Europa tourte, blieb Horst zu Hause und kümmerte sich um ihren gemeinsamen Sohn Don David. Der Abstand wuchs, unbemerkt schienen sich ihre Leben auseinanderzuentwickeln. Es gab verpasste Momente, Briefe und Telefonate, die das Vakuum der Abwesenheit nicht füllen konnten. „Manchmal kam ich nach Hause, und es war, als würde ich in ein anderes Leben treten“, gestand sie. Doch diese alltäglichen Herausforderungen konnten das Fundament ihrer Liebe nicht erschüttern. Ihre Zuneigung war kein flackerndes Feuerwerk, sondern ein „stilles, beständiges Licht, manchmal flackernd, aber nie erlöschend“. Sie wussten, dass sie ohne den anderen nicht vollständig waren. Diese unvollkommene, ehrliche Liebe war ihr Lebensfundament.
Als Horst Jüssens schwer erkrankte, rückten sie wieder enger zusammen. Lena stellte ihre Karriere vorübergehend zurück. Die Bühne war plötzlich unwichtig. „Ich konnte nicht mehr singen, wenn ich wusste, dass er litt“, sagte sie. Sie verbrachte unzählige Stunden an seiner Seite, hielt seine Hand, sprach ihm Mut zu, obwohl sie innerlich zerbrach. Horst selbst war bemüht, sein Leiden zu verbergen, lächelte, obwohl er Schmerzen hatte, um seine Frau zu schützen. Die letzten gemeinsamen Monate wurden zu einer bittersüßen Zeit, einem Wechselbad aus Schmerz und tiefer Dankbarkeit. Sie wussten, ihre Zeit war begrenzt, und so versuchten sie, jeden Augenblick zu genießen, hörten alte Platten, teilten Erinnerungen und sprachen über die Dinge, die bleiben.

Der Schmerz, der das Licht auslöschte: „Ich musste funktionieren“
Der Tod von Horst Jüssens im Jahr 2008 stürzte Lena Valaitis in eine tiefe, fast unheilbare Verzweiflung. „Es war, als hätte jemand das Licht gelöscht“, berichtete ein enger Bekannter. Lena war am Boden zerstört. Sie zog sich vollständig aus der Öffentlichkeit zurück, sagte Auftritte ab und verließ wochenlang kaum das Haus. Es war der totale Zusammenbruch. Doch inmitten dieser Dunkelheit gab es eine Stimme, die sie zurück in die Pflicht rief: die Verantwortung für ihren damals noch kleinen Sohn Don David. „Ich musste funktionieren“, erinnerte sie sich. „Ich durfte nicht zusammenbrechen, weil da jemand war, der mich brauchte.“ Diese Mutterliebe wurde zur eisernen Klammer, die sie am Leben hielt.
In einem der bewegendsten Details ihrer Offenbarung erzählte Lena Jahre später, dass sie monatelang jeden Abend an das gemeinsame Bett trat und leise „Gute Nacht“ sagte, als wäre er noch da. „Es ist ein Schmerz, der nie ganz geht. Man lernt, mit ihm zu leben, aber vergessen kann man nicht“, so ihre weisen Worte. Dieser stille Dialog mit einem Abwesenden war ihr persönlicher Weg, um die Verbindung aufrechtzuerhalten, um die unerträgliche Lücke der Gegenwart zu füllen.
Der entscheidende Wendepunkt kam, als sie Horsts Abschiedsbrief fand, den er kurz vor seinem Tod geschrieben hatte. Darin stand: „Lena, du warst mein größtes Glück. Wenn du singst, lebt ein Teil von mir weiter.“ Diese Zeilen waren nicht nur Trost; sie waren eine Rettung vor der totalen Verzweiflung, ein Auftrag, der sie zwang, wieder ins Leben zurückzukehren. Sie begann wieder zu singen, aber diesmal nicht für den Ruhm, sondern als einen Ausdruck von Liebe, als ein stilles Zwiegespräch mit dem Mann, den sie verloren hatte. Jeder Ton, jedes Lied auf der Bühne, wurde zu einer Brücke zu ihm.
„Ich war Johnny Blue“: Die Heilung durch Musik
Die Rückkehr auf die Bühne war keine Flucht, sondern eine tiefgreifende Heilung. Ihr größter Hit, „Johnny Blue“, erhielt eine völlig neue Bedeutung. Der Text, der von einem blinden Jungen erzählt, der trotz Dunkelheit träumt, wurde zum Symbol ihres eigenen Lebensgefühls. „Ich war Johnny Blue“, sagte sie offen. „Ich war blind vor Schmerz, aber ich wollte wieder sehen.“ Diese Metamorphose der Musik – von der Unterhaltung zum therapeutischen Ausdruck – prägte ihre „neue“ Karriere. Ihre Songs wurden ruhiger, nachdenklicher, persönlicher. Kritiker sprachen von einer reiferen, verletzlicheren, echten Lena Valaitis.
Der Weg war jedoch steinig. Die Musiklandschaft hatte sich verändert, viele Weggefährten waren verschwunden. Sie kämpfte nicht gegen andere, sondern gegen sich selbst, gegen die Angst, wieder zusammenzubrechen. Ein besonders schwerer Moment manifestierte sich, als sie während einer Tournee auf offener Bühne in Tränen ausbrach und nicht weitersingen konnte. Das Publikum schwieg zunächst, dann aber brach ein minutenlanger, tröstlicher Applaus los. „Da wusste ich, dass ich nicht allein bin“, erinnerte sie sich. Die Menschen hatten verstanden, dass auch ein Star nur ein Mensch ist.
Ihr Sohn Marco Wiedmann, der aus einer früheren Beziehung stammte und sich später an die Seite seiner Mutter stellte, war eine weitere entscheidende Stütze. Er kümmerte sich um Termine, organisatorische Aufgaben, aber vor allem war er als Sohn und Freund für sie da. „Mama ist stark“, sagte er, „aber sie braucht auch jemanden, der sie auffängt.“ In diesen Jahren lernte Lena Valaitis die wahre Definition von Stärke: Nicht das Fehlen von Schwäche, sondern die Courage, trotz des Schmerzes weiterzugehen. „Ich habe gelernt, wieder zu lachen, nicht weil der Schmerz weg ist, sondern weil ich lebe“, fasst sie ihre innere Entwicklung zusammen.

Die Würde des Alters und die ewige Treue
Mit 82 Jahren blickt Lena Valaitis auf ein Leben voller Triumphe und Tränen zurück, aber auch auf eine Realität, die von der Vergänglichkeit gezeichnet ist. Der Körper, der sie einst mühelos über die Bühne trug, hat sich verändert. Die Schritte sind langsamer, die Stimme hat an kristalliner Klarheit verloren. Sie leidet an Arthrose, die ihr das Gehen erschwert, und hatte gesundheitliche Probleme mit dem Herzen. Sie spricht offen über das Älterwerden: „Das Alter ist nichts für Feiglinge. Jeder Tag ist ein Geschenk, aber manchmal ist er auch eine Prüfung.“
Sie hat sich weitgehend aus der hektischen Öffentlichkeit zurückgezogen und lebt heute ein ruhiges Leben in einem gemütlichen Haus in Bayern, umgeben von Schallplatten, Fotos und Erinnerungsstücken. Sie braucht keinen Luxus, sondern nur Frieden. Ihr Vermögen, das durch kluge Verwaltung von Lizenzeinnahmen, Immobilien und Ersparnissen auf geschätzte drei Millionen Euro geschätzt wird, ist für sie nebensächlich. Was zählt, ist das immaterielle Vermächtnis.
Doch das ergreifendste Kapitel ihrer späten Jahre ist ihre unerschütterliche Treue zu Horst Jüssens. Auch Jahrzehnte nach seinem Tod spricht sie von ihm, als wäre er nur kurz fortgegangen. „Ich habe nie aufgehört, ihn zu lieben“, sagte sie leise. Es gab Männer, die ihr Nähe und vielleicht sogar Liebe anboten. Doch Lena blieb allein, nicht aus anhaltender Trauer, sondern aus tiefster Überzeugung und Treue. „Ich habe mein Herz einmal verschenkt“, erklärte sie, „und ich will es nicht zurückhaben.“ Ihr Zuhause ist heute voller Erinnerungen, auf dem Nachttisch steht immer noch ein Bild von Horst, das sie jeden Abend ansieht. „Er war mein Zuhause“, sagt sie.
Diese Haltung ist das größte Vermächtnis, das Lena Valaitis der Welt hinterlässt: die Botschaft, dass wahre Liebe nicht mit dem Tod endet, sondern ein Weg ist, der über ihn hinausführt. Ihre Lieder, von „Johnny Blue“ bis „Ein schöner Tag“, sind Trost, Hoffnung und Verbindung. Aber es ist die Frau hinter der Stimme, die durch ihre Ehrlichkeit und ihre Fähigkeit, trotz allem weiterzulieben, zu einem Vorbild wurde. Ihre Karriere, die über sechs Jahrzehnte andauerte, ist ein Beweis für Beständigkeit und Würde.
Wenn man Lena Valaitis heute fragt, ob sie glücklich ist, antwortet sie mit schlichter Gewissheit: „Ja, weil ich geliebt habe und weil ich weiß, dass diese Liebe nie vergeht.“ Sie mag körperlich fragil sein, doch ihre Seele ist stark. Sie hat gelernt, mit der Schwäche zu leben, ohne sich von ihr beherrschen zu lassen. Alt zu werden, sagt sie, ist wie das Singen eines alten Liedes: „Du triffst nicht mehr alle Töne, aber du weißt, was sie bedeuten.“ Und genau deshalb bleibt Lena Valaitis mehr als eine Sängerin: Sie ist eine Frau, die uns in einer flüchtigen Zeit daran erinnert, dass wahre Größe leise ist und dass das Leben, so schmerzhaft es manchmal ist, immer lebenswert bleibt – solange die Liebe weiterklingt.
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